Wie kann man ihn umgehen? Ist das legal oder illegal?
„In Deutschland herrscht Friedhofszwang: Verstorbene müssen ihre letzte Ruhe in offiziellen Gräbern finden. Nur Bremen erlaubt die Beisetzung im eigenen Garten – überall sonst wird getrickst“, so schreibt die Welt in ihrem Online-Artikel.
In Deutschland herrscht seit über 200 Jahren Friedhofszwang, der damals durchaus gerechtfertigte Ansatz, nämlich dem Schutz vor Seuchen, ist heute nicht mehr gegeben, besonders nicht nach einer Einäscherung. Dennoch wurde diese Vorgehensweise vor 20 Jahren vom Bundesgerichtshof bestätigt, es halten alle Bundesländer an dem überholten Gesetz fest. Einzige Ausnahmen sind Friedwaldbestattungen (bei uns in der näheren Umgebung in Hartenholm möglich) und Seebestattungen, sowie das Bundesland Bremen. Hier händigt das Krematorium seit Anfang des Jahres 2015 die Asche des Verstorbenen, gegen Vorlage einer schriftlichen Bestätigung des Verstorbenen, an die Hinterbliebenen aus, um diese selbst zu verstreuen. Lediglich ein bis zwei Prozent der Verstorbenen finden so ihre letzte Ruhestätte.
Dr. jur. Tade Matthias Spranger, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bonn, schreibt in seinem Artikel, dass es zu „nachteiligen psychischen Ausstrahlungswirkungen“ der Nachbarn kommen kann, wenn der Hinterbliebene in seinem eigenen Garten eine Ruhestätte für den Verstorbenen einrichtet.
Ebenso wie wir in Deutschland Religionsfreiheit und das Recht auf freie politische Wahlen haben, sollte auch die letzte Entscheidung vom Verstorbenen selbst getroffen werden können. Ebenso, wie es das Wahlgeheimnis gibt, müsste doch auch die heimische Urnen-Bestattung nicht an die Nachbarn kommuniziert werden. Dann stellt sich die Frage nach den „nachteiligen psychischen Auswirkungen“ auch nicht.
Es sollte offiziell gestattet sein, die Urne zu erhalten, zu Hause auf den Kaminsims zu stellen – ohne das es zu „zivilen Ungehorsam“ kommen muss. In Deutschland 2017 mag diese Vision noch immer abstrus klingen, doch in anderen Ländern ist das gängige Praxis.
Nach dem Versterben einer älteren Damen haben ihre Erben beim Ausräumen des Hauses, die Asche des Ehemanns gefunden – im Keller, versteckt hinter den Einmach-Gläsern. Offensichtlich hatte die Ehefrau die Urne vor über 20 Jahren heimlich auf dem Friedhof ausgegraben und mit nach Hause genommen. Welche Ängste muss sie ausgestanden haben, zum einen vor dem Unverständnis der Umwelt – immerhin hatte sie die Urne hinter Einmach-Gläsern versteckt. Zum anderen vor einen eventuellen Strafverfolgung.
Welche Strafe droht beim Umgehen des Friedhofszwangs, beziehungsweise bei der „Störung der Totenruhe“?
Nach §168 kann dies mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Auszug aus §168:
Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Tatsächlich wird in Deutschland die „Störung der Totenruhe“ durch liebende Angehörige meist nur mit einer Geldstrafe in Höhe einer Ordnungswidrigkeit geahndet.
Dieser Artikel soll Menschen darin bestärken, auch im Todesfall eines Angehörigen und damit in der akuten Trauerphase, in der eigenen Kraft zu bleiben.
Um dann zu entscheiden, was auf lange Sicht für den Hinterbliebenen und den Verstorbenen das Beste ist. Das „Beste“ kann nur sein, was in der Trauer hilft – und von der Ohnmacht wieder in die eigene Macht/Kraft bringt. Wir wissen, dass es in Deutschland weder eine Lobby für kranke noch für pflegebedürftige Menschen gibt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass unsere Gesellschaft mit dem toten Körper ebenso wenig zu tun haben möchte, wie mit dem kranken Körper.
Meiner persönlichen Meinung nach, wären Bestatter gut darin beraten, den Hinterbliebenen über die Möglichkeit aufzuklären, selber den Körper einzukleiden und in den Sarg einzubetten. Wie es zum Beispiel das Kinderhospiz die Sternenbrücke (Link zum Artikel) ermöglicht. Hier können sich die verwaisten Familien ganze 5 Tage von ihrem Sternenkind verabschieden, um schlussendlich selber das Waschen, das Einkleiden und die Umbettung vom Kühlbett in den Sarg vorzunehmen.
Niemand zwingt Sie im Sterbefall, sofort oder noch am selben Tag einen Bestatter zu kontaktieren – damit der Verstorbenen abgeholt wird. Mit Ausnahmegenehmigung können Sie Ihren Angehörigen auch bis zur Bestattung zu Hause belassen – wie es nach dem Heimgang von Helmut Kohl praktiziert wurde. Dies ist in Deutschland mit Ausnahmegenehmigung möglich, in Holland ist es die Regel, dass der Verstorbene zu Hause bleiben kann.
Nehmen Sie sich diese Zeit, um den Bestatter zu finden, bei dem Sie ein gutes Gefühl haben. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen.
Wenn Sie sich dafür entscheiden, das der Heimgegangene bei Ihnen zuhause (als Urne) die letzte Ruhe finden soll, besteht die Möglichkeit, den Körper Ihres Angehörigen nach Holland, Tschechien oder in die Schweiz überführen zu lassen. Dort besteht kein Friedhofszwang. Die Asche kann dann auf verschiedenen Wegen zu Ihnen zurückkommen. Zum Beispiel als „Tree of Life„, oder die Urne wird direkt vom ausländischen Bestatter an Sie ausgehändigt.
Wenn Sie sich Zeit lassen, werden Sie den richtigen (deutschen) Bestatter finden, der auch willens ist, unkonventionelle Wege mit Ihnen zu beschreiten.
Wie handhaben es andere Länder:
Schweiz: Der Wille des Verstorbenen zählt hier, die Hinterbliebenen können (wenn der Wunsch des Verstorbenen war) die Urne ausgehändigt bekommen.
Griechenland: Es gibt keine Krematorien, es wird stets der Körper des Verstorbenen bestattet. Dies ist nur auf Friedhöfen zulässig. Hat die Familie keine eigene Gruft, ist die maximale Verweil-Dauer des Verstorbenen auf dem Friedhof lediglich 3 Jahre.
Vereinigtes Königreich: In diesem Video dokumentiert eine Dame, wie sie selber den Leichnam ihrer Frau Mutter abgeholt hat, und selber auf ihrem Grundstück bestattet hat.
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