Praktische Methoden den Sterbenden zu helfen

Sterbebegleitung –  Hilfe beim Übergang

von Gladys Osborne Leonard  aus dem Englischen übersetzt von Melanie Ladewig

Diese letzte Woche des Lebens meines Mannes war keine unglückliche Zeit, doch konnte man nicht umhin, das Unvermeidliche zu fühlen. Die Traurigkeit des Abschieds, der kommen wird – offensichtlich schon bald.

Es war ein Frieden in der Luft, an dem es die letzte Zeit mangelte.

Die langen Monate des Versuchs, Schmerzen und Unannehmlichkeiten zu lindern, dieses Kämpfen war oft vergeblich. Möglicherweise hatten unsere Bemühungen eine Stressqualität erzeugt, die niemals hilft, eine Atmosphäre des Friedens zu schaffen. Viele Male wiederholte ich mir selber diese Worte:

Verharre in der Stille und lass‘ Dich von der Ruhe benetzen,

Bis alle unsere Bestrebungen aufhören;

Nimm aus unseren Seelen die Belastung und den Stress,

Und lass unser geordnetes Leben gestehen

was die Schönheit deines Friedens ausmacht.

 

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Hier möchte ich nun einen Ratschlag geben:

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Zeit meines Lebens hätte ich gedacht, dass es unnötig gewesen wäre, aber die Erfahrung hat mir gezeigt, dass es dringend notwendig ist. Wenn die Zeit der Trennung naht, benötigt die Seele und der Geist des Patienten absoluten Frieden.

Sehr oft schleicht jemand auf Zehenspitzen in das Krankenzimmer des Sterbenden und hält ein flüsterndes Gespräch mit der Krankenschwester, oder wer auch immer zugegen ist.

Bei der Konversation kann es sich um den Patienten drehen, oder es kann sich um andere Dinge handeln, was auch immer das Thema ist:

Rede nicht im Zimmer darüber. Gehe nach draußen und bespreche es dort.

Sie mögen denken, der Patient ist doch bewusstlos oder weg-gedämmert, und kann sie somit nicht hören. Nein, sein Bewusstsein kann es nicht bewusst erfassen, aber nun ist seine unterbewusste subjektive Wahrnehmung vermehrt aktiv. Dies ist der viel größere Teil des Geistes, welcher sich nicht durch das begrenzte physische Gehirn ausdrückt. Es ist der Seelenkörper der sich allmählich vom irdischen Körper zu lösen beginnt. Der subjektive oder das höhere Selbst findet sich unvollkommen zwischen beiden Körpern (beider Ebenen) wieder. Wahrscheinlich funktioniert das höhere Selbst besser, wenn es erst einmal vollkommen im ätherischen Gehirn und Körper übergegangen ist. Aber bis das ätherische Selbst sich vollkommen und dauerhaft vom physischen Körper gelöst hat, wird sich der Geist schwebend zwischen in beiden Welten aufhalten, und gelegentlich das physische Gehirn und das physische Bewusstsein besuchen.

Bei diesen schwebenden Besuchen zurück in das physische Gehirn werden Blitze des Bewusstseins aufgezeichnet und wahrgenommen, was aktuell in der Umgebung passiert.

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In diesem Moment ist es außerordentlich wichtig, das alles was in dem Raum gesagt oder getan (oder sogar gedacht) wird, auf das Wohlergehen des Patienten gerichtet ist, um ihm zu helfen. Keinesfalls sollte es dazu verleiten, sich mit trivialem Geschwätz über den Patienten oder andere Themen auszulassen. Andernfalls wird er gestört werden. Es wird ihn verwirren, da er bemüht ist, zu verstehen, was los ist. In diesem Moment wird sein Geist sich an das physische Gehirn klammern, hartnäckiger als gut für ihn wäre.

Alle unsere Bemühungen sollten sich darauf konzentrieren, es für ihn einfach zu machen. Damit sich die Seele und der Geist, leicht von der physischen Hülle befreien können.

Wir müssen nicht versuchen, es für ihn zu tun – das wäre ein unzulässige Einmischung in den natürlichen Ablauf der Ereignisse. Aber wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um dem Patienten zu helfen, sich selbst zu helfen. Dies muss nun unser Hauptaugenmerk sein.

Vermeintlich gut-meinende Menschen nehmen oft Gottes Wille in ihre eigenen Hände. Ihre Einstellung zum Patienten klingt so: „Arme Seele! Es ist Zeit, dass er nun geht. Je früher desto besser für ihn. Wir müssen dafür beten, und uns darauf konzentrieren, dass er schnell genommen wird, um ihn vor weiterem Leiden zu retten“ und so weiter.

Ihre Motive sind gut, aber das Ergebnis ist, dass ein Teil des Unterbewusstsein erregt und aktiv bleibt, nämlich der Teil, den wir mit „Selbsterhaltung“ oder „das erste Gesetz der Natur“ benennen, und welcher immer darum kämpfen wird, den physischen Erhalt des Körper zu bewahren.

In der Tat ist dies ein sehr starker Instinkt, wenn wir uns daran erinnern, dass wir ganz automatisch den Arm zur Abwehr hochreißen, noch bevor wir gewahr werden, das überhaupt ein Schlag drohte. Das automatische Schließen des Auges, bevor eine Fliege oder ein Staubkorn eindringen kann.

Instinkt ist nicht die stärkste Eigenschaften unseres Verstandes, aber während des Bewohnens unseres irdischen Körpers ist es eine sehr starke und beharrliche Eigenschaft.

Wenn der Tod naht, wird dieser Instinkt bei der geringsten Provokation erregt, gerade dann wenn es am wichtigsten wäre, dass die Seele einen friedlichen Kurs nimmt, in Freiheit und ohne Hindernisse. Darum müssen wir dafür sorgen, dass sich keinerlei Provokation ereignet. Die gleichgültige und unpersönliche Haltung der professionelle Krankenschwester, die einem manchmal als unsympathisch und kalt vorkommt – ihr ist in diesem Moment den Vorzug zu geben. Viel besser als die völlig überzogene (obwohl gut gemeinte) Aufmerksamkeit von zärtlichen bis ängstlichen Angehörigen.

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Unterstützung beim letzten Gang

Der perfekte Zustand – wenn es diesen überhaupt geben kann –wäre es wohl, wer auch immer an den Patienten herantritt, sollte sowohl ein Verständnis für die geistige und ätherische Seite des Todes haben, als auch für die rein körperliche. Das perfekte Verhaltens-Programm in dieser Zeit wäre es, dass diese wissende Person die komplette Verantwortung an sich nimmt. (Wahrscheinlich wäre es eine Frau, obwohl es ebenso ein Mann sein könnte, aber für unseren Zweck werde ich auf diese Person im weiblichen Geschlecht verweisen.)

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Sterbenden helfen

Ihr Ziel wäre es, hoffnungsvolle und ermutigende Gedanken an den Patienten zu senden. Wenn ihr selbst keine einfallen, kann sie zur Inspiration auf einige der beruhigenden Passagen in den heiligen Schriften oder auf Auszüge aus einem guten Buch über spirituelle Themen zurückgreifen. Welche auf die glücklichere Seite der Veränderung, die wir den Tod nennen, verweisen. Ermunternde Gedanken, die sie still übertragen kann, werden die Seele in ihren Bemühungen ermutigen und unterstützen, sich selbst zu befreien. Liebe wird das nötige Verständnis mit sich bringen. Wie wunderbar es wäre, wenn wir irgendwann einen Kurs der spirituellen Ausbildung zusammen mit der üblichen materiellen Seite eines Krankenschwester- (und Doktor-) Trainings kombinieren würden!

Ich habe viele Frauen gekannt, die die Pflegearbeit als eine heilige Mission erkannt haben und sich einen solchen Kurs gewünscht hätten.

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Wie Keble sagte:

There are in this loud, stunning tide

Of human care and crime,

With whom the melodies abide

Of the everlasting chime;

Who carry music in their heart

Through dusty lane and wrangling mart,

Plying their daily toil with busier feet

Because their secret souls a holy strain repeat.

Ja, es gibt viele, die die „Musik in ihren Herzen und die heilige Belastung“ für alle, die es brauchen, tragen würden. Und solch eine Gabe braucht den logischen Menschenverstand nicht zu beeinträchtigen, wenn es darum geht, was nötig ist, um die sogenannte „praktische, banale Seite der Pflege“ zu leisten.

Wir sollten uns in der Lage sehen, die „tägliche Arbeit mit belebten Füßen“ unseres spirituellen Geistes zu gewährleisten. Wissend, während wir auf diesen Sachverhalt warten – ein Gleichgewicht von physikalischen und spirituellen Kenntnissen in Medizin und Pflege zu schaffen, wenn auch nur mit den Mitteln, die uns gerade zur Hand stehen.

Es ist wunderbarer Einblick, wie Intuition und Einsicht aus der Liebe geboren wird, um den Unkundigen zu lehren, genau das Richtige zu tun.

Hat nicht Longfellow richtig gesagt:

„Ah, wie geschickt die Hand wächst, die gehorcht dem Befehl der Liebe, es ist das Herz und nicht das Gehirn, das das höchste erlangt, und wer dem Liebesgefühle folgt, übertrifft den ganzen Rest.“

Also, auch, wenn du weder geschickt, noch klug und erfahren bist, kannst Du noch immer so viel leisten, so unglaublich viel, damit der Übergang der Seele eine Angelegenheit voller Schönheit und Leichtigkeit wird, wenn du dies möchtest.

Genau die gleiche ruhige, sorgfältige Haltung, die du einem Kind gewähren würdest, das gerade das Laufen lernt, oder eine andere neue Tätigkeit erlernt. Die durchschnittliche Seele ist genau in der gleichen Lage, wie es ein Kind in Anbetracht des neuen unbekannten Lebens ist.

Erinnere Dich, dass andere Seelen warten, um zu helfen; Seelen, die in der jenseitigen Welt sind, und sie freuen sich schon darauf, dem Neuankömmling bei der Ankunft beizustehen, sobald er sich befreit hat. Liebevolle Hände strecken sich aus und winkte die müde Seele zum Ort des Friedens. „Ein schützender Schatten, wo Sünde und Streben ausbleiben“, wie Wordsworth sagte.

Wir müssen mit diesen unsichtbaren Helfern zusammenarbeiten. Diese Helfer ersuchen uns, dass wir unsere Herzen und Köpfe in einfacher Erwartung erheben, dann werden wir feststellen, dass sie uns inspirieren werden, das Richtige zu tun.

Medium für Botschaften Verstorbener

„Er wird Seine Engel über dich ausbreiten“, ist buchstäblich wahr, besonders in dieser kritischen Periode, in der die beiden Ebenen, die wir Leben und Tod nennen, so nahe zueinander finden, dass wir für kurze Zeit diese Übergangs-Grenze empfinden können.

Gegen Ende der letzten Woche meines Mannes wachte ich alleine bei ihm. Er war in einen leichten, friedlichen Dämmerschlaf gefallen, der ihm so lange versagt geblieben war.

Ich gab ihm Wasser mit einem Schnabelbecher zu trinken, und ganz wenig feste Nahrung. Er erinnerte mich beharrlich daran, ihm kein Essen aufzuzwingen, sondern ihm lieber mehr Wasser zu geben. Das war sehr ungewöhnlich für ihn, denn wie ich schon bemerkte, mochte er Essen und starken Tee, Wasser selbst mochte er nie.

Ich folgte auch meiner Inspiration, weder ihn selbst in Gesprächen zu thematisieren, noch andere Dinge im Raum. Aber mit ihm zu sprechen, wann immer es ratsam war.

Manchmal saß ich ruhig leise an seiner Seite und sagte nichts aber dachte an ihn. Ich bin sicher, das ist die hilfreiche Haltung gegenüber einem Sterbenden, die wir annehmen können. Nämlich leise mit ihm zu sprechen, wenn es offensichtlich ist, dass er es wünscht oder in der Lage ist zuzuhören.

Und wenn er es nicht kann, sollte man die Gedanken sorgfältig auswählen. Es gibt wenig Zweifel daran, dass die gelockerte Seele auf jeden Gedanken in ihrer Umgebung aufmerksam wird.

Sie wird zunehmend empfindsam auf alle Gedanken bis zur endgültigen Abtrennung, wenn gewöhnlich leise von den Anderen auf der jenseitigen Seite die mit der Absicht zu helfen übernehmen. Als ich saß und beobachtete, erwachte er und streckte seine Hand aus und griff nach mir. In einer schwachen, aber deutlichen Stimme sagte er: „Ich war wieder an diesem schönen Ort, aber ich will nicht ohne dich hineingehen. Ich wusste nicht, dass ich alleine dort hingehen soll.“ In meinem ganzen Leben, waren dies die traurigsten und schwierigsten Worte, die ich jemals hören musste. Ich saß sprachlos und erkannte, dass endlich die Freunde und Helfer der anderen Seite, meinem Mann die furchtbare Nachricht überbrachten, dass er allein in das neue und schöne Land gehen muss und mich zurück lassen müsste.

Er hatte es immer gehasst, mich alleine zu lassen – sogar für einen Tag! Und jetzt war ihm gesagt worden, dass er mich verlassen und seinen Heimgang allein antreten soll. Er sagte: „Ich möchte bei dir bleiben, diese anderen Leute sind sehr nett zu mir, sie sind mir recht, aber ich will nicht alleine gehen und dich verlassen. Kann ich nicht bei dir bleiben, Liebling? Ich will ihnen nicht ohne dich folgen.“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Worte kamen flehentlich über seine Lippen. Seine Hand hielt sich schwach an meiner fest.

Sein Gesicht wandte sich mir zu, seine Augen waren zu müde, um sie weit geöffnet zu halten, dennoch strengte er sich an mein Gesicht anzusehen, und las dort die Antwort seiner Frage ab.

Blitzschnell schoss mir ein Gebet direkt aus meinem Herzen und ich bat um Hilfe und Unterstützung, was ich ihm darauf antworten sollte. Er flehte um meine Zusicherung, dass wir nicht getrennt werden würden, aber wie könnte ich ihn in diesem Augenblick anlügen? Sollte ich ihm eine beruhigende Lüge erzählen? Eine Lüge, in diesen letzten ernsten, heiligen Stunden?

George Eliots Worte kamen mir in den Sinn:

Was für eine größere Sache gibt es für zwei menschliche Seelen, als zu fühlen, dass sie für das Leben verbunden sind – sich gegenseitig zu stärken bei jeglicher Arbeit, um in aller Trauer aufeinander zu ruhen, um bei dem andere in allem Schmerz miteinander schweigend zu unterstützen, unaussprechliche  Erinnerungen im Moment der letzten Trennung?“ 

Also wie könnte ich diese Erinnerungen mit beschwichtigendem Flunkern oder ganz bewusster Unwahrheit zerstören? Kraft und Mut kamen zurück zu mir, und ich antwortete: „Wenn du alleine gehen musst, denke daran, dass es nur für eine kurze Weile ist. Eines Tages werde ich auch gehen und dich begleiten; und in der Zwischenzeit wirst du in der Lage sein, mit mir in Verbindung zu bleiben. Ich werde versuchen, hier so zu leben, so, wie du es dir wünschen würdest. Halte den klaren Gedanken, dass, selbst wenn Sie zuerst gehst, werde ich dir später folgen, wann immer es die richtige Zeit ist. „

Er antwortete nicht, noch erwähnte er es abermals.


Absatz-OrnamentGladys Osbourne Leonard

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Gladys Osborne Leonard (1882 – 1968) war eines der besten Trance-Medien des 20. Jahrhunderts. Der obige Auszug stammt aus ihrem Buch THE LAST CROSSING – 1937

Ich habe hier den Auszug der Seite 33 und ff. für Dich übersetzt. Das Buch ist Inhalt der Gesamtausgabe ihrer drei Bücher The Complete Gladys Osborne Leonard

Bezug des englischen Originals hier

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